Heilsames Thermalwasser

Heilsames Thermalwasser

Von Birgit Weilguni

Thermen laden in bemerkenswerter Dichte zu erholsamen Aufenthalten ein, um die Heilkraft des Thermalwassers zu nutzen. Doch nicht jedes Wasser ist für jeden geeignet und nicht jeder Aufenthalt bringt mehr gesundheitlichen Nutzen als ein schlichter Wellness-Urlaub.

Während Kuraufenthalte derzeit verstärkt kontroversiell in den Medien diskutiert werden, erfreuen sich Thermenhotels nach wie vor ungebrochener Beliebtheit. Ob dabei immer die Heilkraft des Thermalwassers im Vordergrund steht oder in vielen Fällen lediglich der Erholungsgedanke in einem mehr oder minder luxuriösen Ambiente, sei dahingestellt. Fest steht, dass Österreich über ein recht dichtes Netz an Heilquellen verfügt. Die heilsamen Wirkungen verdienen dabei unbedingt eine detaillierte Betrachtung.

Die Heilkraft unseres Wassers

Nicht jedes Wasser, das für Wellness-Anlagen genutzt wird, ist ein Thermalwasser. Der Begriff wird streng geregelt und umfasst Wässer, die mehr als 20 °C am Quellaustritt aufweisen. Sie beinhalten Kohlensäure, Schwefel, Jod, Radon oder andere Wirkstoffe in hoher Konzentration und wirken so gegen manche Erkrankungen, doch sind wirkungslos oder schaden sogar bei anderen.

Der Vollständigkeit halber sei übrigens erwähnt, dass auch Heilgase wie Kohlendioxid und Radon, besonders reine Luft sowie Peloide, also Moortorf, Schlamm und Heilerde, zu den natürlichen Heilmitteln gehören, die einen Kurort ausmachen. Um als Heilmittel anerkannt zu werden, müssen natürliche Heilvorkommen klassifiziert und anerkannt werden. Da die Heilverkommen zum überwiegenden Teil schon sehr lange bekannt sind, haben heimische Kurorte meist eine jahrelange Tradition.

In manchen Fällen stehen vorrangig die alten, überlieferten Heileffekte im Zentrum der angebotenen Therapien. Viele Kurorte haben aber längst verstanden, dass moderne Anforderungen auch neue Nutzungsvarianten erfordern, produzieren Kosmetika mit Heilwässern und bieten zusätzliche Therapien gegen Lifestyle-Erkrankungen oder einfach Wellness-Aufenthalte an.

Zielgruppenspezifische Wirkungsweisen

Nicht jedes Beschwerdebild passt, wie erwähnt, zu jedem Thermalwasser. Heilwässer werden in Form von Bädern, Trink- und seltener auch Inhalationskuren genutzt. Bädertherapien umfassen Heilgymnastik in Bewegungsbecken und Unterwassermassagen. Das Spektrum der behandelten Indikationen ist umfangreich und reicht von diversen Erkrankungen des Bewegungsapparates über Durchblutungsstörungen und Haut- bis zu Herz- und Kreislauferkrankungen.

Trinkkuren wirken hingegen reinigend auf die Schleimhäute des Verdauungstraktes und werden insbesondere bei Erkrankungen des Magens und Darms, bei Stoffwechselerkrankungen und bei Diabetes angewandt. Heilwasserinhalation entfaltet bei diversen Atemwegserkrankungen wie Asthma oder Bronchitis eine positive Wirkung. Der Österreichische Heilbäder- und Kurorteverband (ÖHKV, www.oehkv.at) führt dazu eine umfassende Aufstellung (Beispiele siehe Kästen 1 und 2).

Mit dem richtigen Ort ist es aber noch nicht getan. Auch nur ein bestimmtes Heilvorkommen passt zum jeweiligen Beschwerdebild. „Die Seriosität medizinischer Maßnahmen ist an die Beachtung von Heilanzeigen und Gegenanzeigen gebunden“, heißt es dazu beim ÖHKV. In weniger problematischen Fällen zeigen falsch eingesetzte Heilwässer keine Wirkung. Die Reizstärke eines Heilvorkommens kann jedoch auch Erkrankungen verschlechtern. „So gelten für die reizstarken Schwefelwässer zum Teil andere Kontraindikationen als für die reizmilde Sole“, warnt der Kurärzteverband.

„Ein weiterer Gesichtspunkt ist die Art der Applikation des Heilvorkommens. Naturgemäß entsprechen die Kontraindikationen gegen Badekuren nicht jenen, wie sie für Trinkkuren beachtet werden müssen.“ So können etwa Herzerkrankungen, entzündliche und fieberhafte Prozesse, Neigungen zu Thrombosen oder ein schlechter Allgemeinzustand im Rahmen von Badekuren gefährlich werden.

Auch für Trinkkuren müssen die richtigen Indikationen gewählt werden, denn wenn Betroffene durch große Flüssigkeitszufuhr aufgrund von Ausscheidungsproblemen belastet werden, ist im harmlosesten Fall der Therapieeffekt null und nichtig. Dazu zählen etwa Herz-, Leber-, Nierenerkrankungen oder Hypertonie. Auch akute Magen-Darmerkrankungen eignen sich eher selten für Trinkkuren, so wie fast alle akut entzündlichen Erkrankungen grundsätzlich nicht mit Thermalwasser behandelt werden sollten.

Nicht umsonst existiert das Berufsbild des Kurarztes, der um die besondere Wirkungsweise der einzelnen Heilvorkommen genau Bescheid weiß. Werden Thermalwässer in eigenverantwortlicher Weise konsumiert, entsteht durch kurzfristige Anwendungen zwar selten massiver Schaden, aber der vermeintliche Nutzen ist wohl auch eher vernachlässigbar.

Mehr als Lifestyle?

„Ein nicht unwesentlicher Anteil des Kureffekts ist auf eine intensivierte Erholung zurückzuführen. Nicht zuletzt deshalb scheinen bei vielen Kuren Heilanzeigen wie Erholungsbedürftigkeit, Erschöpfungszustände, Rekonvaleszenz, Regeneration etc. in den Indikationslisten auf.“ Soweit der Kurärzteverband zum häufigen Vorwurf, dass Thermenaufenthalte wohl eher Lifestyle- denn Gesundheitsmaßnahmen seien.

Naturgemäß betont der Verband die „Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung“ und die „vieljährige kurärztliche Empirie“, die es nicht nur möglich machen, die richtigen Indikationen zu erstellen, sondern auch den tatsächlichen Nutzen einzuschätzen. In vielen Fällen mag der Lifestyle-Vorwurf auch tatsächlich darauf begründet sein, dass Kontraindikationen missachtet und bei kurzzeitiger Nutzung zu hohe Erwartungen gestellt werden. Solange Thermalwässer nicht schaden, ist aber gegen den Wellness-Gedanken wohl auch gar nichts einzuwenden. Bessere Information würde vor überhöhten Erwartungen schützen.

Orte mit Thermalwasservorkommen

  • Akrato-Mineralwässer: Bad Bleiberg, Bad Kleinkirchheim, Bad Mitterndorf, Bad Radkersburg, Bad Tatzmannsdorf, Bad Vigaun, Bad Vöslau, Bad Waltersdorf, Frauenkirchen, Köflach, Laa an der Thaya, Warmbad Villach, Bad Sauerbrunn
  • Eisenhaltige Wässer: Bad Gams, Bad Pirawarth, Bad Sauerbrunn, Bad Schönau, Bad Tatzmannsdorf, Reuthe
  • Jodschwefelwasser: Bad Deutsch Altenburg
  • Jodsole: Bad Hall, Bad Pirawarth
  • Mineralsäuerlinge und Mineralthermalsäuerlinge: Bad Eisenkappel, Bad Gams, Bad Gleichenberg, Bad Radkersburg, Bad Sauerbrunn, Bad Schönau, Bad Tatzmannsdorf, Dürnstein, Frauenkirchen, St. Margarethen im Lavanttal
  • Radonhaltige Wässer: Bad Gastein, Bad Hofgastein, Bad Zell, Umhausen im Ötztal
  • Schwefelhältige Wässer: Bad Deutsch Altenburg, Bad Sauerbrunn, Baden, Bad Schallerbach, Bad St. Leonhard, Bad Häring, Bad Ischl, Bad Goisern, Längenfeld, Wien
  • (Thermal-) Sole: Bad Gleichenberg, Bad Dürrnberg, Loipersdorf, Kleinzell, Bad Aussee, Geinberg, Bad Ischl, Salzburg
  • Sulfatwässer: Bad Aussee, Bad Sauerbrunn, Dürnstein, Kaprun, St. Lorenzen
  • Kleiner Überblick über Indikationen für Thermalwässer

  • Akratothermalwässer: Rheuma, Arthrose, Herz-Kreislauf-Störungen oder neurologische Erkrankungen
  • Säuerlinge: arterielle Verschlusskrankheiten, Polyneuropathie, zerebrale Durchblutungsstörungen, Hypertonie, Hautgeschwüre und anderen Hauterkrankungen
  • Solewässer: Badekuren bei entzündlichen rheumatischen Erkrankungen, degenerativen Wirbelsäulen- und Gelenkserkrankungen, Schuppenflechte oder Ekzeme; Inhalationstherapie bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen der oberen Atemwege
  • Sulfatwässer: Trinkkuren bei Magen- und Darmerkrankungen, Gallenbeschwerden, zur Gewichtsreduktion bei Adipositas, gegen Harnsteine und Harnwegsinfekte
  • Hydrogencarbonatwässer: Magen- und Darmerkrankungen, Reizmagen, Diabetes mellitus, Stoffwechselbeschwerden, Harnsteine, Harnwegsinfekte, Gicht
  • Schwefelwässer: degenerative Gelenkserkrankungen, Posttraumatische Schäden, Postoperative Therapien, Hauterkrankungen
  • Radonhältige Heilwässer: Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Rehabilitation nach Verletzungen, Osteoporose, Gefäßerkrankungen, Fertilitätsstörungen, Stoffwechselerkrankungen (Gicht), Altersbeschwerden
  • Linktipps:

    Thermenregionen in Österreich
    Österreichs Thermen: heilende Quellen
    Heile Wellness-Welt?
    Österreichischer Heilbäder- und Kurorteverband