Von Birgit Weilguni
Das Füllhorn der Natur bietet so vieles, das Haut und Körper guttut. Bei Naturkosmetik aus unbekannter Quelle ist dennoch eine Portion Vorsicht geboten, denn „Natur“ bedeutet hier nicht zwingend 100 % sanft und nur natürlich – und schon gar nicht zwingend tierversuchsfrei.
„Zurück zur Natur“ gilt derzeit in vielen Bereichen des Lebens als Nonplusultra, also Lebensstil der Hippen, Gebildeten, gut Situierten, Zukunftsorientierten – und nicht nur dieser. Der Trend zu Natürlichkeit erfasst den Lebensmittelsektor genauso wie die Mobilität, die Bauindustrie, Kleidung, Reisen, Gesundheit und eben auch das, was wir ganz nahe an unseren Körper lassen: die Kosmetik. Naturkosmetik hat allerdings einen Haken: Als solche bezeichnet, wird noch in keiner Weise belegt, was sie tatsächlich beinhaltet und wie natürlich sie in Wahrheit ist.
Der „Ohne-Trick“
Handelsriesen wie Bipa, dm oder auch die meisten großen Supermärkte und Diskonter setzen schon seit Langem auf Naturkosmetik und das Angebot wächst und wächst, gleichzeitig werden die Produkte immer erschwinglicher. Aber: Der Begriff „Naturkosmetik“ ist nicht geschützt, was ganz schnell findige Produzenten, die es mit der Natürlichkeit nicht immer supergenau nehmen, auf den Plan bringt. Viele als Naturkosmetik propagierte Produkte enthalten künstliche Zusätze, betonen aber vollmundig, was sie vor allem nicht beinhalten. Das sind meist Duft- und Konservierungsstoffe, aus Erdöl gewonnene Rohstoffe und Emulgatoren. „Natürlich“, „auf Pflanzenbasis“ oder „frei von Konservierungsstoffen“ heißt es da großspurig. Pflanzen sind das aktuelle Credo.
Das mag auch der Fall sein – bloß bedeutet es nicht, dass der Rest das hält, was sich der Natur-affine Konsument erwartet. Produkte, die Natürlichkeit versprechen und manch ungewünschten Inhalt nicht aufweisen geben keine Sicherheit, dass es sich dabei tatsächlich um sanfte, vorrangig pflanzliche Kosmetik handelt, die im Körper keine Ablagerungen hinterlässt und normalerweise keine ungewollten Reaktionen verursacht. Selbst Zertifikate können nur Orientierungshilfen darstellen, sind aber allemal besser als nicht zertifizierte „Ohne“-Produkte. Was im Regal steht und auf Natürlichkeit pocht, verdient also allemal einen zweiten Blick.
„Reizende“ Natur
Ein Blick auf die Liste der Inhaltsstoffe macht sich fast immer bezahlt. Naturidente, aber nicht natürliche Inhaltsstoffe müssen auch als solche gekennzeichnet werden. Insbesondere Allergiker sind gut beraten, genau hinzusehen, denn pflanzliche Bestandteile haben zwar gegenüber künstlich bzw. chemisch hergestellten den großen Vorteil, einen wahren Wirkstoff-Cocktail zu liefern, sie beinhalten aber mitunter auch Allergene.
„Man muss sich vor Augen führen, dass die meisten Unverträglichkeiten von natürlichen Substanzen ausgelöst werden“, warnt der deutsche Dermatologe Heiko Grimme vom Berufsverband der Deutschen Dermatologen. Eiweiß-Allergiker sollten also lieber nicht in Milch baden. Auch Früchte wie Gurken, Äpfel oder Brombeeren können statt dem erwünschten Effekt für Hautirritationen, Pusteln und Flecken sorgen. Die individuelle Toleranzpalette sollte auch bei Naturkosmetik bekannt sein und zum Beispiel in Form von Tests an weniger heikler Stelle überprüft und berücksichtigt werden.
Ein Schritt zu mehr Nachhaltigkeit
Bei all den Vorsichtsmaßnahmen bedeutet das jedoch keinesfalls „Finger weg von Naturkosmetik“, denn sie stellt immerhin einen großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und Natürlichkeit dar.
Wer voll und ganz auf Nummer sicher gehen möchte und nur 100%iges Wissen über die Stoffe haben möchte, die er an seine Haut lässt, kann freilich auf frisch Produziertes, weniger lange Haltbares setzen. Gemeint sind damit etwa Gesichts- und Haarpackungen aus der Küche, Pflanzen als Färbemittel oder selbstgemachte Tinkturen aus dem Kräutergarten.
In Workshops kann die Produktion erlernt werden, entscheidend sind in jedem Fall persönliche Verträglichkeiten und kompromisslose Sauberkeit im Umgang mit den Inhaltsstoffen.
Naturkosmetik selbst herstellen, zum Beispiel bei … – www.kosmetikmacherei.at, Wien |
Zuverlässige Gütesiegel:
BDIH: Kontrollierte Natur-Kosmetik vom deutschen Bundesverband der Industrie- und Handelsunternehmen für Arzneimittel, Reformwaren, Nahrungsergänzungsmittel und kosmetische Mittel e.V. – www.kontrollierte-naturkosmetik.de
NaTrue: NaTrue – Natural cosmetics (Naturkosmetik), NaTrue – Natural cosmetics with organic portion“ (Naturkosmetik mit Bioanteil) und NaTrue – organic cosmetics“ (Biokosmetik) – www.natrue.org
Ecocert: Ecocert Naturkosmetik und Ecocert Biokosmetik – www.ecocert.de
Austria Bio Garantie: von BIO Austria – www.bio-austria.at
Demeter: www.demeter.at
Cosmebio: www.cosmebio.org
Auf Once upon a cream findet sich eine Liste all jener verfügbaren Kosmetikherstellern, die Produkte ohne Tierversuche herstellen.
RezeptbeispieleSanfte Abschmink-Lotion 1 El Leinsamen, 100 ml Wasser, 50 ml Sauerrahm, 1 Tl kaltgepresstes Öl Wasser aufkochen, Leinsamen mit heißem Wasser übergießen und über Nacht quellen lassen. Am nächsten Tag Sauerrahm und Öl unterheben. Die Lotion zum Waschen und Abschminken gut in die Haut einmassieren, danach abspülen. Wirkung: der Schleim der Leinsamen wurde bereits von der naturheilkundigen Äbtissin Hildegard von Bingen zur Heilung der Haut eingesetzt. Der Schleim speichert Feuchtigkeit, beruhigt und schützt die Haut. Sauerrahm löst Make-up, befeuchtet und vitalisiert die Haut. Haltbarkeit: gekühlt ca. 1 Woche Milde Rasierseife 50 g Naturseife, 50 g Kokosfett, 100 ml Wasser, 3 Tropfen Rosmarinöl Die Seife fein raspeln. In einem Topf das Wasser und die Seifenspäne erhitzen. Umrühren bis die Seife vollständig geschmolzen ist. Kokosfett und Rosmarinöl zugeben und gut verrühren, abfüllen. Kann von Damen und Herren verwendet werden. Wirkung: Kokosfett beruhigt und pflegt die Haut, spendet Feuchtigkeit und erhöht die Elastizität. Rosmarin wirkt desinfizierend und zusammenziehend. Haltbarkeit: gekühlt ca. 1-2 Monate |
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