Von Mag. Birgit Weilguni
Je höher die Temperaturen, desto mehr Menschen liebäugeln mit einem Sport, der eine wundersame, fremde Welt eröffnet: Tauchen. Während die einen dem Irrtum erliegen, dass die Tierwelt enormes Gefahrenpotenzial mit sich bringt, nehmen die anderen manch anderen Aspekt auf die leichte Schulter. Das Wichtigste, um beim Tauchen auf Nummer sicher zu gehen, ist jedenfalls immer noch die umfassende Information.
Das Urlaubsklischee schlechthin ist eine entspannte Reise ans Meer. Um sich die Zeit zu vertreiben, wird ein Tauchkurs belegt und schon geht es ab ins tiefe Blau, auf der Suche nach Abenteuer, bunten Schönheiten, Nervenkitzel und Kurzweil. An diesem Bild stimmen gleich mehrere Faktoren nicht: Vor einem Tauchkurs sollte grundsätzlich eine umfassende ärztliche Untersuchung stehen und Tauchkurse im Urlaub sind nur eine gute Idee, wenn die Sprachkenntnisse ausreichen, denn Tauchen ist ein traumhaft schöner Sport, aber er birgt auch Gefahren.
Wer lernt wann und wie tauchen?
Gleich mehrere Tauchorganisationen bieten Ausbildungen an; die häufigsten und bekanntesten unter ihnen sind PADI und CMAS. Ihre Regeln und Vorschriften können leicht divergieren, daher ist es empfehlenswert, nach Tauchschulen zu suchen, die immer derselben Organisation angehören, bei der man gelernt hat oder lernen will. Für Kinder gibt es unterschiedliche Mindestaltergrenzen und entsprechende Maximaltiefen.
Je nach Taucherfahrung werden nach dem Grundschein weiterführende Kurse bis hin zum Tauchlehrer angeboten. Daneben sind bei fast allen Anbietern Spezialkurse für Eis-, Höhlen-, Wrack-, Trocken- oder Rettungstauchen und vieles mehr im Angebot. Dr. Roswitha Prohaska ist nicht nur Allgemein- und Notärztin, sondern auch Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Tauch- und Hyperbarmedizin. Sie plädiert für einen entspannten Grundkurs im Inland, bei dem mit ausreichend Zeit und zu flexiblen Terminen der Tauchsport ohne Sprachbarrieren erlernt wird. So wird sichergestellt, dass Tauchneulinge mit der Ausrüstung zurechtkommen und sich eine solide Grundroutine aneignen können.
Unter diesen Voraussetzungen ist es dann auch kein Problem, für die unterschiedlichen Voraussetzungen in See und Meer gewappnet zu sein. Im Meer läuft nämlich vieles anders als im heimischen Süßwasser: „Das Verhältnis von Auftrieb und Gewicht ist anders, es gibt Wellen, manchmal Strömungen, im tropischen Klima ist man schnell dehydriert. All das ist oft der Beginn für Probleme beim Tauchen“, so die Tauchärztin. „Andererseits haben viele Anfänger im See zu viel Blei mit, sie unterschätzen oft Dunkelheit, Kälte und die möglicherweise schlechte Sicht.“ Höhlen und Wracks sind generell eher etwas für erfahrenere, hierfür ausgebildete Taucher, denn hier kommt schnell mal Panik auf. Außerdem ist hier eine komplette, gut gewartete Ausrüstung Pflicht.
Auch das besonders tiefe Tauchen erfordert spezielles Wissen. Unter Dekompression versteht man die kontrollierte Verminderung des Drucks. Zur Verhinderung der Dekompressionskrankheit sind sogenannte Deko-Tabellen zu befolgen. Das stufenweise Auftauchen mit Sicherheitsstopps in bestimmten Tiefen soll dafür sorgen, dass das Inertgas, etwa Stickstoff, ausreichend abgeatmet werden kann.
Fit und vorbereitet
Apropos Ausrüstung: Diese ist ein besonders heikler Aspekt beim Tauchen, denn schadhafte oder unzureichende Ausrüstung kann in der Folge zu Problemen und Tauchunfällen führen. Neben gut passenden Masken, Schnorcheln und Flossen braucht es auch einen gut sitzenden Tauchanzug, ein sogenanntes Tarierjacket, in das sich Luft pumpen lässt, Gewichte, um den Auftrieb auszugleichen und einen „Lungenautomat“ plus Luftflasche. Das sind die Mindestanforderungen – dazu kommen jede Menge weitere Utensilien, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein.
Wer dieses umfassende Equipment nicht selbst besitzt, sollte jedenfalls sichergehen, dass Geborgtes intakt ist. Für das Tauchen mit Luftgemischen, um länger unter Wasser bleiben zu können, mit Trockentauchanzügen oder in der Nacht sind jeweils eigene Ausbildungen oder Trainingsmodule erforderlich.
Taucher kommen schnell ins Gespräch, tauschen Erfahrungen aus, geben einander Tipps und bilden Buddy-Teams, um aufeinander aufzupassen. Was dabei immer wieder auffällt ist, dass auch schwergewichtige, sehschwache oder körperlich eingeschränkte Menschen, Diabetiker oder Asthmatiker gerne tauchen. „Die meisten Einschränkungen sind keine Ausschlusskriterien“, bestätigt Prohaska den Eindruck. „Aber in jedem Fall – ob nun vorbelastet oder nicht – bedarf es einer professionellen Tauchtauglichkeitsuntersuchung, bevor man abtaucht.
Nur der tauchmedizinisch ausgebildete Arzt kann darüber informieren, unter welchen Bedingungen getaucht werden kann und unter welchen nicht und ob ausreichend Grundfitness vorhanden ist.“ Auch für komplett gesunde Menschen wird eine derartige Untersuchung dringend angeraten. „Das Wichtigste dabei ist, dass der Hals-Nasen-Ohren-Bereich gesund ist, denn nur dann kann ein Druckausgleich problemlos durchgeführt werden“, rät die Expertin. Die Lunge stelle die zweite wichtige Anforderung dar. „Ein Lungenfunktionstest klärt, wo die Grenzwerte liegen und ob die Lunge kräftig genug für das Tauchen ist. Der dritte Schwerpunkt ist das Herz-Kreislauf-System“, ergänzt Prohaska.
Entgegen einem häufigen Vorurteil stellen nicht Tiere die größte Gefahr beim Tauchen dar, sondern ein Tauchunfall mit neurologischen Ausfallserscheinungen. „Schwere Tauchunfälle passieren auch in Österreich, etwa wenn sehr schnell besonders tief getaucht wird. Das kann auch den berüchtigten Tiefenrausch auslösen. Die Tiefe wird oft unterschätzt, aber auch die Notwendigkeit einer passenden, fachgerechten Ausrüstung“, weiß die Tauchärztin. „Das besonders häufige Problem, dass kein Druckausgleich gemacht werden kann, liegt meist an funktionellen Problemen im HNO-Bereich, doch dann ist das Abtauchen meistens ohnehin nicht möglich.“
Gute Kenntnisse in Erster Hilfe und keine Angst vor scharfen Zähnen
Selbstverständlich sind unter Wasser nicht alle Tiere harmlos. Taucher lernen jedoch den achtsamen Umgang mit Tieren und sind diesbezüglich im Normalfall keinen Gefahren ausgesetzt, die sich nicht managen lassen. Aufmerksame Taucher beobachten und staunen, aber berühren nichts und nehmen schon gar nichts mit. Wenn doch einmal Schwierigkeiten auftauchen, so haben sie meist mit körperlichen Problemen, unzureichender Ausrüstung oder regelwidrigem Verhalten zu tun.
„Jeder Taucher sollte ausreichend Grundkenntnisse in Erster Hilfe, speziell für Tauchunfälle, haben. Ich würde etwa nirgends tauchen, wo ich nicht weiß, wo der nächste Notfall-Sauerstoff zu finden ist“, rät Prohaska. „Die Leitlinie Tauchunfall sind Empfehlungen zur Ersten Hilfe beim Tauchunfall, die man aus dem Internet herunterladen kann. Sie unterstützt Helfer in Unfallsituationen, um richtig zu agieren. Darin findet man ein übersichtliches Flussdiagramm mit Notfallmaßnahmen.
Sauerstoff und Flüssigkeit sind essenzielle Erstmaßnahmen, dazu sollte der Verunfallte zur Ruhe kommen und seine neurologischen Funktionen durchgecheckt werden. Tauchunfall-Hotlines helfen weiter, damit die wichtigsten Informationen für die medizinische Versorgung verfügbar sind.“ In Österreich ist in Graz eine Dekompressionskammer in Betrieb, aber auch jene im bayerischen Traunstein, in Murnau und in München werden angefahren, wenn ein Tauchunfall passiert ist.
Tauchen ist nicht grundsätzlich ein gefährlicher Sport, sondern nur dann, wenn man Vorsichtsmaßnahmen missachtet, Risiken eingeht oder schlecht vorbereitet ist. Wer das unvergleichliche Erlebnis des Schwebens unter Wasser erleben möchte, die detailreiche Tierwelt oder das eigenwillige Spiel von Licht und Schatten, dem sei ein Tauchkurs bei einem erfahrenen heimischen Anbieter ans Herz gelegt. Dann steht diese faszinierende Welt für abenteuerliche Ausflüge in die Tiefe weltweit offen.
Linktipps:
Dr. Matthias Zaloudek, Sport- und Präventionsarzt, www.zaloudek.at
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