Von Mag. Birgit Weilguni
Zuviel und zu wenig tun selten gut – das trifft auch auf das Gehirn zu. Stress, aber auch Langeweile sind alles andere als förderlich für die Hirnleistungen. Einige Tricks helfen müden grauen Zellen wieder auf die Sprünge und Gefahren wie Reizüberflutungen kann auch anders begegnet werden.
Was zu einem gesunden Lebensstil gehört, haben wir schon oft gehört: ausgewogene Ernährung und reichlich Flüssigkeitszufuhr, guter Schlaf, wenig Stress oder regelmäßige körperliche Bewegung. Aber auch geistige Bewegung soll Teil eines gesundheitsförderlichen Lebens sein – insbesondere für Menschen, die ihre Lebensmitte bereits überschritten haben. Denn das Motto „wer rastet, der rostet“ gilt für die grauen Zellen genauso wie für Muskulatur, Knochen und innere Organe.
Effizientere Nutzung des Gehirns für mehr Lebensqualität
Dass es höchste Zeit ist, dem Informationsspeicher im Kopf mehr Aufmerksamkeit zu schenken, merken viele Menschen im Alltag, wenn sie sich die Einkaufsliste mit fünf Produkten nicht mehr merken, wenn ihnen die Namen von Personen und Orten nicht mehr einfallen oder sie ständig ihre Brille suchen. Viele Übungen beugen der Vergesslichkeit vor und lassen sich ohne großen Aufwand in den Alltag integrieren – so wie Zähneputzen oder Zeitung zu lesen. Anfangs kostet es Überwindung, doch mit der Zeit werden diese Schritte selbstverständlich und beginnen Spaß zu machen. Das Ergebnis ist in jedem Fall ein besseres Gedächtnis, mehr Selbstsicherheit und Zufriedenheit.
Beim Gedächtnistraining geht es nicht nur um alte Menschen, die mit den ersten Anzeichen von altersbedingter Vergesslichkeit zu kämpfen haben. Auch jüngere Menschen, ja, sogar Kinder, möchten mitunter ihre kognitiven Fähigkeiten verbessern, unterstützen und optimal nutzen. Dafür gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden, die auf verschiedene kognitive Fähigkeiten abzielen: Konzentration, Ausdauer, Wahrnehmung und Aufmerksamkeit, Erinnerung und Merkfähigkeit, Kreativität und Vorstellungskraft, Planung und Orientierung, Argumentation, Problemlösung und einige mehr.
Bewegung für die Geisteskraft
Ein US-Forscherteam hat nachgewiesen, dass moderates Ausdauertraining den Hippocampus wachsen lässt – diese Gehirnregion ist für Lernen und Gedächtnis zuständig. Längst weisen mehrere Studien die Zusammenhänge zwischen körperlicher Fitness und Gehirnleistung nach: für Schüler und Studenten, aber auch für ältere Personen. Wichtiger ist aber jedenfalls die Ausdauer als die Intensität. Selbst Gartenarbeit und Spaziergänge bringen nachweisbare Effekte. Bei Senioren, die regelmäßig Ausdauer trainierten, konnte im PET-Computertomografen nachgewiesen werden, dass die Gedächtnisareale im Gehirn besser funktionieren als bei sportlich inaktiven Menschen.
Gut geeignet sind für Senioren etwa Tanzen, Schwimmen, Wandern und Gehen, Laufen oder Radeln. Drei- bis viermal pro Woche eine halbe Stunde, und zwar so, dass man schwitzt, sollten es sein.
Quasi nebenbei reduziert Bewegung Stress, verbessert den Schlaf und wirkt positiv auf die Körperfunktionen.
Auch über diese Umwege nutzt Bewegung der geistigen Fitness. Wer Schwierigkeiten hat, den inneren Schweinehund zu besiegen und Bewegung in den Alltag zu integrieren, der erzielt bessere Ergebnisse, wenn er sich Gleichgesinnte sucht, die mitmachen, und wenn er in kleinen Schritten beginnt, die immer erst gesteigert werden, wenn das Erreichte keine Probleme mehr bereitet.
Auch kleine Tricks, um den Fitnessgrad zu steigern, führen zum Ziel: Treppen steigen statt Lift fahren, eine Busstation vor dem Ziel aussteigen und zu Fuß gehen, zum Einkaufen mit dem Rad statt dem Auto fahren und viele andere kleine Bewegungseinheiten machen in Summe einiges aus.
Soziale Kontakt und lebenslanges Lernen
Gemeinsam geht vieles leichter als allein – das gilt ganz besonders für das Gedächtnis. Gemeinsam ins Kino gehen, in eine Ausstellung, ein Buch lesen und darüber diskutieren, spielen, wandern, reisen tanzen: Längst nehmen viele Veranstalter darauf Rücksicht, dass ein Partner nicht von vorneherein verfügbar sein muss. Wenn mehrere Personen allein sind, fällt es leichter, gemeinsam Spaß an der Sache zu entwickeln. Spaß gilt übrigens ebenfalls als Faktor, der den Kopf beschäftigt.
Schlechte Laune oder sogar Depressionen führen rascher zu geistigem Abbau. Wichtig bei allen Aktivitäten ist jedoch, dass man sich aus der Komfortzone hinausbewegen muss. Zeitung lesen, Rätsel raten und wöchentlicher Kuchen im Kaffeehaus reichen nicht. Einen Museumsbesuch vereinbaren, einen Computerkurs für Senioren besuchen oder sich bemühen, vor dem Urlaub ein paar Sätze in der Landessprache zu erlernen, bringt Sie weiter.
Sind neue Medien dabei im Wege? „Digitale Demenz“ bedeutet, dass Gedächtniskompetenzen an digitale Hilfsmittel abgegeben werden: Navigationsgerät, Mobiltelefon und PC ersetzen, was wir sonst selbst können müssen. Das muss nicht sein, denn digitale Geräte können auch zum Vorteil genutzt werden. Gegen digitale Demenz wirkt, wenn Telefonnummern händisch eingetippt werden, statt sie aufzurufen, wenn das Navigationsgerät bei kurzen Strecken auch mal ausgeschaltet bleibt oder wenn persönliche Informationen nicht im PC gespeichert, sondern bewusst gemerkt werden.
Über neue Medien können jedoch auch soziale Kontakte reaktiviert, das Wissen erweitert oder Gehirntrainingsübungen absolviert werden. Wer mit einfachen Übungen beginnt, bleibt eher am Ball. Und zu zweit geht alles noch viel besser.
Gedächtnistraining funktioniert das ganze Leben lang. Auch wenn sich die ersten Anzeichen der Altersvergesslichkeit längst bemerkbar gemacht haben, lässt sich das Gedächtnis noch verbessern, indem es gefordert wird.
Vielfältige Methoden zur Förderung der Gedächtnisleistung
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